Grubenbahn im Braunkohlebergbau
Geschichtliches

Die auf diesen Seiten wiedergegebenen Texte sowie alles Bildmaterial
dürfen nur für rein private Zwecke verwendet werden!  Jede Veröffentlichung oder anderweitige
Verwendung (auch auf privaten Webseiten) bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Webmasters !
Kohlezug bei Durchfahrt im Kraftwerk Lippendorf
Kohlezug der LMBV wenige Tage vor Einstellung des Bahnbetriebes im Kraftwerk Lippendorf


Jahrzehntelang waren Braunkohlebergbau und -verarbeitung der bestimmende Industriezweig in Mitteldeutschland. Tagebaue, Brikettfabriken, Karbochemische Industrie und Kraftwerke prägten das Bild der Landschaft.

Zum Transport der Kohle aus den Tagebauen in die Fabriken und Kraftwerke dienten die Gruben- und Kohleverbindungsbahnen. Während in der Anfangszeit der Kohleförderung die verarbeitenden Betriebe noch in der Nähe der Gruben lagen, so daß die Kohle mittels Ketten- oder Seilbahnen in die Fabriken gelangen konnte, wanderten die Gruben im Laufe der Zeit weiter. Es mußten also neue Lösungen für den Transport der Kohle und des Abraumes gefunden werden. Die Eisenbahn bot sich dafür an. Im Laufe der Jahre entstanden große Werkbahnnetze.  So im Bitterfelder Revier, im Geiseltal, im Deubener Revier, in der Lausitz und im Borna - Regiser Revier im Süden von Leipzig. Die Werkbahnnetze im Bitterfelder Revier  waren Normalspurig ausgelegt, im Geiseltaler Revier,  in der Lausitz und im Südraum Leipzig gab es neben den Normalspurigen Werkbahnen  auch große schmalspurige Netze auf 900mm Spurweite.  Diese Werkbahnnetze waren ab den 40er Jahren  zum größten Teil elektrifiziert. Die Fahrleitungsspannung der Werkbahn betrug auf der 900mm Spur 1200 V Gleichspannung, in den normalspurigen Netzen  1200V, später kamen auch Strecken mit 2400 V Fahrspannung hinzu. Auf diesen Strecken wurden spezielle El2 für zwei Spannungssysteme eingestezt. 
Eine Besonderheit bildete der Normalspurbetrieb Böhlen / Espenhain, hier betrug die Fahrspannung 1500 V Gleichspannung. 

Die einzigen heute noch existierenden normalspurigen Kohlebahnnetze befinden sich im Profen/Deubener Revier der  Mibrag, Sachsen/Anhalt sowie im Lausitzer Revier (ehemals LAUBAG, heute Vattenfall). Die schmalspurigen Gruben- und Kohlebahnen wurden von 1991 bis 1999 komplett stillgelegt und zurückgebaut.

Die Transportleistungen im Leistungsfahrbetrieb der Werkbahnen (Kohle und Abraum) wurden hauptsächlich von den elektrischen Industrielokomotiven El3 (900mm Spur) sowie El2 (1435mm Spur) des LEW Henningsdorf erbracht. Diese Lokomotiven sind so robust gebaut und zuverlässig, das auf den noch existierenden Werkbahnen von Mibrag  und Vattenfall  auch heute noch Lokomotiven der Baureihe El2 eingesetzt werden und nach Modernisierungen auch in den nächsten Jahren noch verkehren werden. Auch die El3 wären heute sicher noch im Einsatz, wenn nicht die Tagebaue mit 900mm Bahnanschluß dem Auslaufbergbau zugeordnet oder mit Bandanlagen ausgerüstet  bzw. auf Normalspur umgespurt worden wären. (Die letzten zwei El3 werden bis 2006 noch bei der Solvay Bernburg im Einsatz sein, bis sie durch neue Loks ersetzt werden.)

Der Betrieb auf den Gruben- und Kohleverbindungsbahnen stellte bezüglich der Zugdichte so manche Reichsbahnstrecke in den Schatten. Zugfolgen von 5min oder weniger waren auf neuralgischen Streckenabschnitten keine Seltenheit. Die Blockabstände und die Entfernungen zwischen den Ausweichstellen betrugen meist nur wenige hundert Meter, viele Strecken waren auch zweigleisig. Der Bahnbetrieb war deshalb komplett mit Gleisbildstellwerken, Lichtsignalen sowie Wegübergangs-Sicherungsanlagen ausgrüstet. 
Zu Spitzenzeiten verliess z.B. alle 10 min ein Kohlevollzug den Tagebau Schleenhain.

Das Gruben- und Kohlebahnnetz des Leipziger Südraumes war das größte zusammenhängende schmalspurige 900mm Netz in Europa. Es umfasste zur Zeit der größten Ausdehnung 726 Kilometer in 900mm Spurweite. Davon waren ca. 215 km rückbares Gleis innerhalb der Gruben und 511 km stationäres Gleis der Kohleverbindungsbahnen vorhanden.

Von den Tagebauen Cospuden und Zwenkau am Stadtrand von Leipzig  als nördlichsten Punkt bis zu den Brikett- und Kohleveredlungsfabriken im Bereich Meuselwitz / Rositz (Thüringen) reichte das Sreckennetz.
Angeschlossen waren alle Brikettfabriken des BKW Regis-Breitingen und des BKW Borna sowie Karbochemische Betriebe,  Industriekraftwerke und das Großkraftwerk Lippendorf. Der Übergang vom Streckennetz des BKW Borna zum Streckennetz des BKW Regis-Breitingen befand sich im Bereich des Stellwerk 28 bei Neukieritzsch.

Es gab in diesem Netz auch einige dreischienig ausgebaute Strecken, auf denen sowohl Normalspur- als auch schmalspurige Fahrzeuge fahren konnten, insbesondere im Bereich des Tagebaubetriebes Witznitz.  Die 1500 V Lokomotiven des Normalspur-Netzes mussten hier allerdings mit Unterspannung von 1200V fahren.

Der  Hauptpunkt des Borna / Regiser Schmalspurnetzes lag im  Bereich des Stelwerkes 28, hier befand sich die meistbediente Weiche des Bahnnetzes. Von den Bahnanlagen an der Zufahrt zum Tagebau Schleenhain (STW 1 und STW 6), waren alle Tagebaue und Fernstrecken zu erreichen.

Die Lokomotiv-Werkstätten der Schmalspurbahn befanden sich zuletzt (91-94) in Großzössen, vorher in den Zentralwerksätten Regis Breitingen, heute STAMAG, sowie für die Espenhainer Normalspur-Loks in Espenhain. Der Zwenkauer Inselbetrieb mußte ab der Umnspurung der Kohleverbindungsbahn die Lokomotiven in Zwenkau warten und reparieren. 

Im Tagebau Schleenhain befand sich der größte 900mm Grubenbahnbetrieb in Europa.
Selbst 1994, als der Betrieb im Schmalspurnetz schon stark eingeschränkt war, waren allein im Tagebau Schleenhain noch 49 El3 sowie 10 V10C beheimatet.

Auf den Gruben- und Kohlebahnen verkehrten die selben Fahrzeuge. Die Zuordnung der Fahrzeuge zu den Tagebaubetrieben erfolgte durch die Loknummern.
Alle Tagebaue im Südraum Leipzig, außer dem Großtagebau Espenhain, welcher als einziger in der Region einen rein normalspurigen Grubenbahnbetrieb besaß, waren auf 900mm Spurweite verbunden gewesen . Da das Großkraftwerk Thierbach sowie die Kohleveredlung Espenhain und die Industriekraftwerke 1 und 2 in Espenhain nur über die Normalspur angeschlossen waren, die Kohle des Tagebau Espenhain für Thierbach  und die Veredlungsanlagen und IKW aber nicht immer reichte,  gab es im Kraftwerk Lippendorf und im Tagebau Witznitz  Umlademöglichkeiten von Schmalspur auf Normalspur,  welche bis 1994 auch ausgiebig genutzt wurden.
Nach der Einstellung der Kohleförderung im Tagebau Espenhain 1993  erfolgte die Belieferung von Thierbach über die Umladebunker, ab 1994 dann über die umgespurte Kohleverbindungsbahn von Zwenkau aus. (1996 wurde der Tagebau Espenhain für einige Monate noch einmal angefahren und der Grubenbahnbetrieb kurzzeitig wieder aufgenommen.)

Bis 1989 herrschte ein starker Betrieb auf den Werkbahnen. Die Kohlezüge verkehrten zu Spitzenzeiten dabei im 5 Minuten Takt. Nach der politischen  Wende 1989  verminderte sich der Bedarf an Braunkohle allerdings sehr stark, was sich auch auf die Werkbahn auswirkte.
Im Zeitraum von 1990 bis 1994 erfolgte die Stillegung  aller 11 Brikettfabriken des BKW Regis und BKW Borna. Tagebaue, Kraftwerke und Fabriken folgten bald darauf. Enstprechend wurden auch die einzelnen Teilstücke der Bahn stillgelegt.
Mit der Stundung des Tagebau Schleenhain im Jahr 1995, welcher auf Bandbetrieb umgestellt wurde und ab 2000 die Versorgung des Neubaukraftwerkes Lippendorf per Bandanlage übernahm, war  das endgültige Aus für die 900mm Bahn, welche bis dahin die noch verbliebenen Verbraucher versorgt hatte, gekommen. Lediglich die 900mm Grubenbahn im Tagebau Zwenkau durfte noch 4 Jahre länger in Betrieb bleiben.

Einhergehend mit der Schliessung der Betriebe begann der Rückbau der nicht mehr benötigten Strecken, wobei Teilstücke der Kohleverbindungsbahnen  noch bis 1996/97 für die Bergbauliche Sanierung genutzt wurden.
Bis zum Frühjahr 1997 wurde z.B. noch eine Zuggarnitur regelmäßig  im Sanierungsbetrieb auf der Absetzerkippe des Tagebau Witznitz eingesetzt.
Da eine Netzanbindung seit 1995 nicht mehr bestand, wurden hier auch noch ca. 10 Stück EL3 als Reservelokomotiven sowie ein Wagenpark mit Abraumwagen und einige Sonderfahrzeuge vorgehalten.

An das noch verbliebene  Restnetz der Werkbahn  waren ab 1994 nur noch der Tagebau Schleenhain, das IKW Borna und das Kraftwerk Lippendorf angeschlossen. Bis zum Beginn der Flutung des Tagebau Haselbach war auch das Kraftwerk Phönix in Mumsdorf noch über die 900mm Kohlebahn beliefert worden. Da die Strecke durch das Flutungsgebiet verlief und  eine Neutrassierung der 900mm Bahn nicht mehr in Betracht gezogen wurde, erfolgte die Belieferung fortan über die DB-AG.
Auch die Brikettfabrik und das Kraftwerk in Großzössen wurden bis zu ihrer endgültigen Stillegung im Juni 1994 noch über die 900mm Bahn beliefert. 
Die 900mm Grubenbahn im Tagebau Zwenkau war durch die Umspurung der Kohlefernbahn nach Lippendorf seit dem Frühjahr 1994 vom restlichen Netz abgetrennt worden. So kam es dazu, das z.B. im Tagebau Witznitz nach 1994 Zwenkauer Maschinen zu sehen waren, die von der Zentralwerkstatt Großzössen nicht mehr nach Zwenkau zurückgeführt werden konnten.

Außer dem Tagebau Zwenkau, welcher an die Mibrag verpachtet war und der bis zur Wiederinbetriebnahme des Tagebau Schleenhain die Kohleversorgung übernehmen mußte, waren  ab Mai 1995 alle Tagebaue der Region außer Betrieb genommen oder gestundet worden. Das noch verbliebene Rest-Streckennetz der 900mm Grubenbahnen und Kohlefernbahnen wurde dementsprechend ebenfalls stillgelegt und demontiert.
Die restlichen noch verbliebenen Verbraucher erhielten die Kohle fortan aus dem Tagebau Profen über die DB-AG, während die Kraftwerke Lippendorf und Thierbach vom Tagebau Zwenkau über die umgespurte Kohlebahn beliefert wurden.
Bis Ende 1996 waren  noch Überführungsfahrten zu den Schrottplätzen und Rückbauzüge sporadisch auf den Gleisen der 900mm - Werkbahn zu sehen. Diese begannen und endeten fast alle am Schrottplatz bei Stellwerk 8 in den Tagesanlagen des Tagebau Witznitz.  Da die Stellwerke zu dieser Zeit bereits bereits außer Betrieb genomnmen waren, wurden diese Züge nur noch mit Rückmeldung bzw. auf Sicht gefahren, die noch benötigten Weichen wurden auf Handbetrieb umgebaut.

Durch die befristete Fortführung des Tagebau Zwenkau bis 1999 und die bereits feststehende Schliessung ab 2000, wurde auf eine Umstellung der Fördertechnologie auf Bandbetrieb verzichtet, so daß sich hier noch bis 1999 ein Inselbetrieb der Schmalspur-Grubenbahn erhalten konnte. Die Kohlebahnstrecke Zwenkau-Lippendorf war 1994 bereits auf Normalspur umgespurt worden, um die Kohleversorgung für das Kraftwerk Thierbach ohne die Nutzung des Umladebunkers Lippendorf zu ernöglichen. Somit hatte der Tagebau Zwenkau seit 1994 bereits keine Anbindung an das schmalspurige Kohlebahnnetz mehr.

Die letzte Grubenbahn mit 900mm Spurweite innerhalb des Tagebau Zwenkau sowie die Norrmalspur-Kohleverbindungsbahn von Zwenkau nach den Alt-Kraftwerken Lippendorf und Thierbach wurden zum 30.09.1999 mit der Einstellung der Kohleförderung im Tagebau Zwenkau stillgelegt und die Anlagen zurückgebaut.

Damit endet im Südraum Leipzig die Geschichte der Gruben- und Kohleverbindungsbahnen. Nur wenige Wochen später, zu Weihnachten1999, wurde auch der letzte Schmalspurbetrieb in der Lausitz stillgelegt und somit das Kapitel der schmalspurigen Gruben- und Kohlebahnen in Mitteldeutschland endgültig beendet.

Im Bahnbetrieb wurden im Südraum Leipzig  zuletzt noch befahren : 70 km bewegliche Gleisanlagen und 90 km stationäre Gleisanlagen in 900mm Spurweite innerhalb des Tagebaubetriebes Zwenkau (1995 -1999), sowie ca. 15 km Normalspur auf der Verbindungsbahn Zwenkau - Lippendorf - Thierbach. (Das ca. 10 km lange Teilstück Bunker Lippendorf - Übergabebahnhof Espenhain wurde bis April 2000 noch mit Diesellokomotiven V60 der Werkbahn und Kohlewagen der DB-AG zur Versorgung des Altkraftwerkes Lippendorf genutzt.)

Heute erinnern nur noch einige Brücken und Bahndämme an das einstmals größte europäische schmalspurige Werkbahnnetz.

Ein Teilstück der Schmalspur-Kohleverbindungsbahn von 15 km Länge konnte aber erhalten werden und wird heute vom Haselbacher Kohlebahnverein an Wochenenden und Feiertagen von Regis-Breitingen bis Meuselwitz wieder befahren.

Auf diesen Seiten sollen noch einige Bilder, die kurz vor der dem Abbau der Strecken in der Südregion Leipzig  sowie in der Schienenfahrzeugausstellung des Bergbaumuseum Knappenrode  entstanden sind, an die Tradition des Schienentransports der Braunkohle erinnern.
 


e-mail: webmaster@grubenbahn.de